Praxis für Optometrie

Dr. med. Christl Huber
Ärztin · Optometrie · Naturheilverfahren

February 2021

Mehr Digitales + weniger Freizeit = mehr Kurzsichtigkeit?

Seit einigen Jahren ist der Trend unverkennbar: Kinder verbringen mehr Zeit im Innenbereich mit digitalen Medien und bewegen sich weniger im Freien. Durch Lockdown und Distanzunterricht hat sich dieser Zustand noch verstärkt. Kinder und Jugendliche sitzen zu Hause vor Computern, Tablets und Smartphones wogegen der Aufenthalt im Freien mit Bewegung, Spiel und Sport stark eingeschränkt ist. Das ist nicht nur schlecht für Fitness, sozialem Kontakt und die Psyche sondern auch für die Augen.

Myopie-Epidemie

Seit längerer Zeit beobachten Augenspezialisten weltweit, daß die Kurzsichtigkeit bei Kindern zunimmt. Grund dafür ist der zunehmende Gebrauch von Displays und dem damit verbundenen Aufenthalt in Innenräumen. Zahlreiche Studien haben in den letzten Jahren bewiesen, daß  offensichtlich die Kombination der vermehrte Gebrauch von Smartphones, Tablets und Computern und der verringerte Aufenthalt im Freien bei Kindern zur Zunahme von Myopie führt. Dieser Zusammenhang hat sich mit dem Lockdown verfestigt. Augenärzte sprechen bereits von einer Myopie-Epidemie.

Myopie ist angeboren UND erworben

Myopie entwickelt sich im Kindesalter. Dabei ist der Augapfel länger als normal. Für lange Zeit wurde angenommen, Myopie sei ausschließlich genetisch bedingt.

Mittlerweile weiß man, daß Kurzsichtigkeit auch durch Umweltfaktoren verursacht werden kann. Je mehr Zeit Kinder im Freien verbringen, desto geringer ist die Ausprägung von Kurzsichtigkeit. Das natürliche Tageslicht und der ständige Wechsel des Sehens in verschiedene Entfernungen und Richtungen wirken sich positiv auf die Entwicklung der Augen aus. Zudem wird bei Bewegung, Spiel und Sport das periphere Sehen trainiert. 

Tageslicht ist gut für die Augen - blaues Display-Licht dagegen nicht

Selbst bei bewölktem Himmel oder im Schatten hat das natürliche Sonnenspektrum eine hohe Lichtstärke mit etwa 10000 Lux während die Lichtstärke selbst bei guter Beleuchtung im Innenbereich nur etwa 500 bis 1000 Lux beträgt. Dabei sind häufig Teil der Beleuchtung digitale Displays. Wissenschaftler vermuten, daß Tageslicht die Ausschüttung von Dopamin stimuliert und sich regulierend auf das Wachstum des Augapfels auswirkt.

Im Gegensatz zum natürlichen Tageslicht stimuliert der Blaulichtanteil von digitalen Displays das Längenwachstum der Augen. Zudem ermüdet das Starren auf einen Bildschirm immer in die gleiche Entfernung und Richtung die Augen.

Werden Smartphones & Co. am Abend benutzt wirkt sich das negativ auf den Biorhythmus aus. Das blaue Licht der Bildschirme unterdrückt die Ausschüttung des Schlaf-Hormons Melatonin. Digitale Medien am Abend führen gehäuft zu Schlafstörungen und Schlafdefizit.

Myopie entwickelt sich hauptsächlich im frühen Kindesalter. Etwa bis zum 14. - 16. Lebensjahr ist es besonders wichtig den Gebrauch von digitalen Medien zu limitieren.

Empfehlung für Kinder bis 10 Jahre

  • bis zu 3 Jahren möglichst kein Bildschirm-Schauen
  • bis zu 6 Jahren täglich nicht mehr als 30 Minuten
  • bis zu 10 Jahren nicht mehr als 1 Stunde täglich
  • ab dem 10. Lebensjahr werden bis zu 2 Stunden empfohlen

Tipps für ältere Kinder und Jugendliche

  • nach 1 Stunde Bildschirmarbeit 10 Minuten Pause
  • aufstehen, herumgehen, Augen entspannen
  • möglichst häufig hochblicken und andere Gegenstände anschauen
  • nach 2 Stunden 15 bis 20 Minuten Pause machen und ins Freie gehen
  • 2 Stunden vor dem Schlafengehen keine digitalen Medien mehr benutzen

Hinaus ins Freie

Studien haben gezeigt, daß täglich etwa 40 Minuten Bewegung im Freien die Zunahme von Kurzsichtigkeit erheblich reduziert. Die Empfehlung für Kinder und Jugendliche ist nach Möglichkeit 2 Stunden Sport, Spiel und Herumtoben im Freien bei natürlichen Tageslicht.

Bei Kindern Augen frühzeitig kontrollieren

Kurzsichtigkeit muß so früh wie möglich festgestellt und korrigiert werden damit sich gutes Sehen entwickeln kann. Augenuntersuchungen bei Kindern sollten ab dem 6. Lebensmonat einmal jährlich durchgeführt werden. Viele Kinderärzte verfügen über ein elektronisches Messgerät womit einfach und ohne zu tropfen eine Fehlsichtigkeit festgestellt werden kann. Diese Untersuchung kann bei der regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen gemacht werden. Die genaue Vermessung einer Fehlsichtigkeit nimmt dann der Augenarzt vor.

Die Zunahme von Kurzsichtigkeit bei Kindern muß nicht sein mit

  • kontrolliertem Medienkonsum
  • ausreichend Bewegung im Freien
  • frühzeitige Augenkontrollen