Praxis für Optometrie

Dr. med. Christl Huber
Ärztin · Optometrie · Naturheilverfahren

September 2018

Kurzsichtig durch Smartphones?

Weltweit beobachten Experten eine deutliche Zunahme von Kurzsichtigkeit (Myopie). Besonders die asiatischen Länder sind davon betroffen. In Deutschland beträgt der Anteil der Kurzsichtigkeit derzeit 35-40 Prozent. Es wird jedoch mit einem deutlichen Anstieg gerechnet, wie auf dem Kongreß der deutschen Augenärzte im Oktober letzen Jahres festgestellt wurde.

Prof. Lagrèze von der Universitäts-Augenklinik Freiburg: „Die Gründe sind vermutlich veränderte Spiel- und Freizeitaktivitäten mit vermehrter Nutzung von Smartphones und Tablets verbunden mit intensivem Lernverhalten in Räumen, die wenig Tageslicht bieten.“ Nach aktuellen Schätzungen sind in Deutschland 10 Prozent der Dreijährigen und 50 Prozent der Achtjährigen regelmäßig online.

Auch in den USA wird gewarnt: „Während wir mit unseren Fingerspitzen die ganze Welt erreichen können, verbringen wir viel Zeit um mit den Augen nur in die Nähe zu fokusieren.“ (Prof. DiMartino, Berkeley University)

Was macht das Auge kurzsichtig?

Kurzsichtigkeit ist eine genetische Anlage und wird vererbt. Der Augapfel ist dabei länger als beim Normalsichtigen und das Auge sieht unscharf in die Ferne. Die Nähe wird dagegen scharf gesehen.

Normalsichtige Augen müssen akkommodieren um in der Nähe klar sehen zu können. Dabei stellt sich die Augenlinse automatisch auf verschiedene Entfernungen ein. Kurzsichtige Augen brauchen weniger oder keine Akkommodation um gut in der Nähe zu sehen.

Bei langem Nahsehen wird die Akkommodation überbeansprucht und die Augen passen sich an diese neue Normalität an. Es kommt beim Erwachsenen zur sog. künstlichen Kurzsichtigkeit wobei die Augenlinse im Zustand der Nahfokusierung verbleibt und sich das Auge nicht mehr entspannt. Dieser Zustand ist seit längerem bekannt, wird durch Stress noch verstärkt, bildet sich jedoch bei Entspannung wieder zurück.

Woher kommt die Zunahme von Kurzsichtigkeit?

Menschen haben schon immer viel gelesen und im Nahbereich gearbeitet ohne daß es zu einer dramatischen Zunahme von Myopie kam. Eine Erklärung für den Anstieg ist das Nutzungsverhalten mit Smartphones & Co. Die Geräte sind sehr klein, jederzeit und überall verfügbar, werden oft sehr lange benutzt und nahe an die Augen heran gehalten. Die Augen bewegen sich dabei fast überhaupt nicht mehr.

Fatale Folgen für Kinder

Kinderaugen befinden sich im Wachstum und Sehen muß gelernt werden. Um eine gute visuelle Wahrnehmung zu entwickeln brauchen Augen, Nervensystem und Sehzentrum im Gehirn eine Vielfalt von verschiedenen Seheindrücken aus verschiedenen Entfernungen und Richtungen. Werden jedoch vor allem Bildeindrücke aus dem Nahbereich an das Gehirn geleitet, so stellt das einen Wachstumsanreiz für die kindlichen Augen dar. Der Augapfel wird länger und damit kurzsichtig.

Die Zunahme von Kurzsichtigkeit wird jedoch auch bei Erwachsenen beobachtet. Viele Wissenschaftler haben noch eine weitere Erklärung. Das blaue Licht der mobilen Geräte hat einen besonders hohen stimulierenden Effekt. Seit einiger Zeit weiß man, daß blaues LED-Licht von Displays Netzhautzellen aktiviert und sich auf das Längenwachstum des Augapfels auswirkt.

Kurzsichtigkeit ist vererbt UND wird auch erworben

Vieles spricht dafür, daß Kurzsichtigkeit nicht nur vererbt wird sondern auch durch äußere Einflüsse entstehen kann. Vor allem Kinder sind gefährdet wenn sie viel Zeit in geschlossenen Räumen, bei künstlichem Licht und mit dem Blick auf die kleinen Smartphones verbringen. Es gilt inzwischen als bewiesen, daß Kinder die sich viel im Freien aufhalten seltener kurzsichtig werden.

Bewegung, Spiel und Sport im Freien wirken sich positiv auf die Entwicklung des Sehens aus. Die Augen bewegen sich ständig zwischen verschiedenen Entfernungen und Richtungen, fokusieren scharf und scannen gleichzeitig unbewußt die Umgebung. Die Wahrnehmung der Peripherie ist lebenswichtig um plötzliche Gefahren im Seitenblickfeld zu erkennen.

Unsere Augen brauchen eine Balance zwischen Fokusieren in die Nähe und Sehen in die Ferne.

Kurzsichtigkeit

  • entwickelt sich meist ab dem 6.-8. Lebensjahr
  • muß frühzeitig korrigiert werden damit das Gehirn richtig Sehen lernt
  • kann nicht wegtrainiert werden
  • Kinder sollten nach Möglichkeit täglich wenigstens eine Stunde im Freien sein
  • Erwachsene können ihre Augen durch Pausen und Augenübungen entspannen
  • nach ca. 1 Stunde Naharbeit eine Pause von wenigstens 5-10 min einlegen

Kurzsichtigkeit muß wie jede andere Fehlsichtigkeit korrigiert werden

um dem Gehirn einen guten Seheindruck zu vermitteln.